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5. Strafsenat: Betreiber des rechtsextremen Internetportals „Altermedia-Deutschland“ zu Freiheitsstrafe verurteilt

Datum: 12.04.2024

Kurzbeschreibung: 

5. Strafsenat: Betreiber des rechtsextremen Internetportals „Altermedia-Deutschland“ zu Freiheitsstrafe verurteilt

Der 5. Strafsenat des Oberlandesgerichts Stuttgart verkündete heute unter dem Vorsitz von Herbert Anderer sein Urteil in einem Staatsschutzverfahren gegen einen mittlerweile 62 Jahre alten Angeklagten, der sich in der Zeit von 2013 bis 2016 am Betrieb einer rechtsradikalen Internetseite beteiligt hatte, auf der auch volksverhetzende Inhalte veröffentlicht wurden. Der Angeklagte wurde wegen mitgliedschaftlicher Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung und Volksverhetzung in mehreren Fällen zu der Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und zwei Monaten verurteilt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde.

 

Feststellungen des Senats zu den Taten

Der Senat stellte fest, dass die Internetseite „altermedia-deutschland.info“ seit dem Jahr 2011 bis zur ihrer Abschaltung im Januar 2016 für jedermann zugänglich war. Auf der Seite wurden fortlaufend Nachrichten, Informationen und Propagandaschriften veröffentlicht, die für die Anhänger rechtsradikalen und nationalsozialistischen Gedankenguts von Interesse waren. Die Nutzer der Seite hatten die Möglichkeit, diese Inhalte mit öffentlich sichtbaren Kommentaren zu versehen und sich untereinander in verschiedenen Foren auszutauschen. Ein besonderes, auch von den Nutzern geschätztes Merkmal der Seite war es, dass auch solche Inhalte und Kommentare veröffentlicht wurden, durch die in einer strafbaren Weise gegen Ausländer, Flüchtlinge, Muslime oder Juden gehetzt und diese beispielsweise Schädlingen, Schmarotzern, Unrat oder Krankheiten gleichgesetzt wurden. Auch Stellung­nahmen, die die Ermordung hunderttausender Juden im Konzentrationslager Auschwitz oder andere unter der Herrschaft des Nationalsozialismus begangene Verbrechen leugneten, durften auf der Seite veröffentlicht werden.

 

Seit Juni 2012 wurde die Seite von einer jeweils aus mindestens drei Personen bestehenden Gruppe betrieben. Die Mitglieder der Gruppe ordneten sich in eine feste, hierarchisch aufgebaute Organisationsstruktur ein. Der Angeklagte gehörte dem Zusammenschluss seit dem 1. Mai 2013 an und hatte als sogenannter Moderator vor allem darauf zu achten, dass die Nutzer der Seite die Forenrichtlinien beachteten, nach denen beispielsweise „antideutsche Beiträge, Kommentare oder Haltungen“ nicht geduldet wurden und die „Verherrlichung von semitischen Religionen“ untersagt war. In zwei Fällen verfasste der Angeklagte selbst Texte, die einen volksverhetzenden Inhalt hatten. In einem weiteren Fall schaltete er den Kommentar eines Nutzers zur Veröffentlichung auf der Startseite frei, obwohl dieser einen volksverhetzenden Inhalt hatte. Zudem trug der Angeklagte durch seine Mitwirkung am Betrieb der Seite dazu bei, dass den Nutzern der Internetseite eine Plattform zur Verfügung stand, auf der sie in einer Vielzahl von Fällen solche strafbaren Inhalte veröffentlichen konnten. Bis zur Abschaltung war die Seite im Schnitt pro Tag mehr als 7.000mal aufgerufen worden. Von den Nutzern waren insgesamt mehr als 209.000 Kommentare und Beiträge eingestellt worden.

 

Bei der Strafzumessung berücksichtigte der Senat unter anderem, dass die Internetseite über einen langen Tatzeitraum hinweg betrieben wurde und eine herausragende Bedeutung in der rechten Szene hatte. Auf der anderen Seite wurde dem bislang nicht vorbestraften und weitgehend geständigen Angeklagten zugutegehalten, dass die Taten mittlerweile mehr als acht Jahre zurückliegen.

 

Weitere Informationen zum Verfahren

Dem Urteil waren drei Verhandlungstage seit dem 9. April 2024 vorausgegangen. Im Rahmen der Beweisaufnahme hatte der Senat unter anderem mehrere Bild- und Videodokumente in Augenschein genommen und eine Vielzahl von Texten eingeführt.

 

Den gegen den Angeklagten gerichteten Haftbefehl hob der Senat auf.

 

Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Der Angeklagte und sein Verteidiger haben auf Rechtsmittel verzichtet. Dem Generalbundesanwalt steht gegen das Urteil das Rechtsmittel der Revision zum Bundesgerichtshof offen, die binnen einer Woche nach Verkündung des heutigen Urteils eingelegt werden muss.

 

Pressemitteilung des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 18. März 2024 (hier).

Pressemitteilung des Oberlandesgerichts zur Verurteilung der Mitbetreiber von „Altermedia-Deutschland“ am 8. Februar 2018 (hier)

 

Aktenzeichen

5 – 2 StE 21/16- Oberlandesgericht Stuttgart

2 BJs 108/14-5 und 2 StE 21/16-5 – Generalbundesanwalt beim Bundesgerichtshof

 

 

Relevante Normen (Auszug):

 

Strafgesetzbuch

(StGB)

§ 129 Bildung krimineller Vereinigungen (Fassung vom 24. Juni 2005)

(1) Wer eine Vereinigung gründet, deren Zwecke oder deren Tätigkeit darauf gerichtet sind, Straftaten zu begehen, oder wer sich an einer solchen Vereinigung als Mitglied beteiligt, für sie um Mitglieder oder Unterstützer wirbt oder sie unterstützt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

Strafgesetzbuch

(StGB)

§ 130 Volksverhetzung (Fassung vom 21. Januar 2015)

(1) Wer in einer Weise, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören,

1.        gegen eine nationale, rassische, religiöse oder durch ihre ethnische Herkunft bestimmte Gruppe, gegen Teile der Bevölkerung oder gegen einen Einzelnen wegen seiner Zugehörigkeit zu einer vorbezeichneten Gruppe oder zu einem Teil der Bevölkerung zum Hass aufstachelt, zu Gewalt- oder Willkürmaßnahmen auffordert oder

2.        die Menschenwürde anderer dadurch angreift, dass er eine vorbezeichnete Gruppe, Teile der Bevölkerung oder einen Einzelnen wegen seiner Zugehörigkeit zu einer vorbezeichneten Gruppe oder zu einem Teil der Bevölkerung beschimpft, böswillig verächtlich macht oder verleumdet,

wird mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

(2) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.        eine Schrift (§ 11 Absatz 3) verbreitet oder der Öffentlichkeit zugänglich macht oder einer Person unter achtzehn Jahren eine Schrift (§ 11 Absatz 3) anbietet, überlässt oder zugänglich macht, die

a)        zum Hass gegen eine in Absatz 1 Nummer 1 bezeichnete Gruppe, gegen Teile der Bevölkerung oder gegen einen Einzelnen wegen seiner Zugehörigkeit zu einer in Absatz 1 Nummer 1 bezeichneten Gruppe oder zu einem Teil der Bevölkerung aufstachelt,

b)        zu Gewalt- oder Willkürmaßnahmen gegen in Buchstabe a genannte Personen oder Personenmehrheiten auffordert oder

c)        die Menschenwürde von in Buchstabe a genannten Personen oder Personenmehrheiten dadurch angreift, dass diese beschimpft, böswillig verächtlich gemacht oder verleumdet werden,

2.        einen in Nummer 1 Buchstabe a bis c bezeichneten Inhalt mittels Rundfunk oder Telemedien einer Person unter achtzehn Jahren oder der Öffentlichkeit zugänglich macht oder

3.        eine Schrift (§ 11 Absatz 3) des in Nummer 1 Buchstabe a bis c bezeichneten Inhalts herstellt, bezieht, liefert, vorrätig hält, anbietet, bewirbt oder es unternimmt, diese Schrift ein- oder auszuführen, um sie oder aus ihr gewonnene Stücke im Sinne der Nummer 1 oder Nummer 2 zu verwenden oder einer anderen Person eine solche Verwendung zu ermöglichen.

(3) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer eine unter der Herrschaft des Nationalsozialismus begangene Handlung der in § 6 Abs. 1 des Völkerstrafgesetzbuches bezeichneten Art in einer Weise, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören, öffentlich oder in einer Versammlung billigt, leugnet oder verharmlost.

(5) 1Absatz 2 Nummer 1 und 3 gilt auch für eine Schrift (§ 11 Absatz 3) des in den Absätzen 3 und 4 bezeichneten Inhalts. 2Nach Absatz 2 Nummer 2 wird auch bestraft, wer einen in den Absätzen 3 und 4 bezeichneten Inhalt mittels Rundfunk oder Telemedien einer Person unter achtzehn Jahren oder der Öffentlichkeit zugänglich macht.

      

Strafgesetzbuch

(StGB)

§ 130 Volksverhetzung (Fassung vom 16. März 2011)

(1) Wer in einer Weise, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören,

1.        gegen eine nationale, rassische, religiöse oder durch ihre ethnische Herkunft bestimmte Gruppe, gegen Teile der Bevölkerung oder gegen einen Einzelnen wegen seiner Zugehörigkeit zu einer vorbezeichneten Gruppe oder zu einem Teil der Bevölkerung zum Hass aufstachelt, zu Gewalt- oder Willkürmaßnahmen auffordert oder

2.        die Menschenwürde anderer dadurch angreift, dass er eine vorbezeichnete Gruppe, Teile der Bevölkerung oder einen Einzelnen wegen seiner Zugehörigkeit zu einer vorbezeichneten Gruppe oder zu einem Teil der Bevölkerung beschimpft, böswillig verächtlich macht oder verleumdet,

wird mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

(2) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.        Schriften (§ 11 Absatz 3), die zum Hass gegen eine vorbezeichnete Gruppe, Teile der Bevölkerung oder gegen einen Einzelnen wegen seiner Zugehörigkeit zu einer vorbezeichneten Gruppe oder zu einem Teil der Bevölkerung aufstacheln, zu Gewalt- oder Willkürmaßnahmen gegen sie auffordern oder ihre Menschenwürde dadurch angreifen, dass sie beschimpft, böswillig verächtlich gemacht oder verleumdet werden,

a)        verbreitet,

b)        öffentlich ausstellt, anschlägt, vorführt oder sonst zugänglich macht,

c)        einer Person unter achtzehn Jahren anbietet, überlässt oder zugänglich macht oder

d)        herstellt, bezieht, liefert, vorrätig hält, anbietet, ankündigt, anpreist, einzuführen oder auszuführen unternimmt, um sie oder aus ihnen gewonnene Stücke im Sinne der Buchstaben a bis c zu verwenden oder einem anderen eine solche Verwendung zu ermöglichen, oder

2.        eine Darbietung des in Nummer 1 bezeichneten Inhalts durch Rundfunk, Medien- oder Teledienste verbreitet.

(3) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer eine unter der Herrschaft des Nationalsozialismus begangene Handlung der in § 6 Abs. 1 des Völkerstrafgesetzbuches bezeichneten Art in einer Weise, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören, öffentlich oder in einer Versammlung billigt, leugnet oder verharmlost.

(5) Absatz 2 gilt auch für Schriften (§ 11 Abs. 3) des in den Absätzen 3 und 4 bezeichneten Inhalts.

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